Aktuell durchlaufen viele Produkte einen linearen Stoff- und Materialfluss. Das klingt kompliziert – ist es aber nicht. Betrachten wir beispielsweise Einwegprodukte: Eine Kunststoffgabel wird entwickelt, in einer Produktionsstätte hergestellt, verwendet, entsorgt und zuletzt thermisch verwertet, also verbrannt. Diese Art von Prozess ist aus mehreren Gründen nicht nachhaltig. Erstens werden dabei begrenzt zur Verfügung stehende Rohstoffe verbraucht, wie beispielsweise Erdöl. Somit sind sie zukünftigen Generationen nur in geringeren Mengen oder gar nicht mehr zugänglich. Zweitens gelangt durch die Verbrennung von Erdölprodukten (wie einer Kunststoffgabel) Kohlenstoffdioxid-Gas in die Atmosphäre und trägt dadurch zum Klimawandel bei.
Um also nachhaltiger mit Produkten zu wirtschaften, sind Veränderungen notwendig. Eine davon ist der Wandel von linearen Materialflüssen hin zu zirkulären Materialflüssen. Das Wort „zirkulär“ kommt aus dem Lateinischen (circulare) und bedeutet so viel wie kreisen. Eine zirkuläre Wirtschaft wird daher auch Kreislaufwirtschaft genannt. Die Nutzungsdauer eines Produkts wird dabei durch Wiederverwendung, Reparatur, Recycling und Aufarbeitung verlängert. Kommt ein Produkt schließlich am „Ende“ seiner Nutzung an, wird es mechanisch, physikalisch und chemisch in seine Bestandteile zerlegt und anschließend wieder zu etwas Neuem verarbeitet. Dieses Vorgehen ist ganz im Sinne von Prinzip 1 (Abfallvermeidung) der Grünen Chemie.
Um Kreislaufwirtschaft in der Industrie zu verankern, werden weltweit und auch in Österreich zunehmend Bioraffinerien gebaut. In Bioraffinerien werden im Gegensatz zu Erdölraffinerien nachwachsende Rohstoffe verarbeitet – das entspricht Prinzip 7 der Grünen Chemie (Nutzung erneuerbarer Rohstoffe). Die Definition von Bioraffinerien ist etwas sperrig (du findest sie hier), daher hier die kompaktere Version:
In Bioraffinerien wird Biomasse (Holz, Stroh, …) möglichst vollständig zu Chemikalien, biogenen Werkstoffen und anderen stofflichen Produkten sowie Brenn- und Kraftstoffen verarbeitet. Das Ziel ist es, nachwachsende Rohstoffe in einem Kreislauf zu behalten, und nicht ausschließlich durch Verbrennung energetisch zu nutzen.
Je nach Biomasse kann unter anderem in Zucker-Bioraffinerien, Stärke-Bioraffinerien, Pflanzenöl-Bioraffinerien, Algenlipid-Bioraffinerien und Lignocellulose-Bioraffinerien unterschieden werden.
Super, jetzt weißt du, dass Holz die Biomasse der Lignocellulose-Bioraffinerie ist! Die Lignocellulose-Raffinerie wollen wir nun genauer unter die Lupe nehmen.
Grundsätzlich können die Abläufe in einer Lignocellulose-Bioraffinerie in zwei Phasen eingeteilt werden: Die Primärraffination und die Sekundärraffination. In der Primärraffination wird das Holz zuerst mechanisch zerkleinert und dann in seine Komponenten Cellulose, Hemicellulosen und Lignin zerlegt. Diese Komponenten werden Vorläufer genannt. Wie genau die Primärraffination funktioniert, erfährst du, wenn du diesem Button folgst:
Die getrennten Komponenten werden anschließend im Zuge der Sekundärraffination zu sogenannten Plattformchemikalien umgewandelt. Manchmal sind diese schon das gewünschte Produkt, meistens werden sie jedoch noch zu anderen Produkten oder Anwendungen weiterverarbeitet. Mehr Informationen zur Sekundärraffination findest du, wenn du auf den folgenden Button klickst:
Ein wichtiges Produkt der chemischen Industrie, das in Lignocellulose-Bioraffinerien hergestellt werden kann, ist Essigsäure. Diese wird unter anderem in großen Mengen für die Lebensmittel- sowie die chemische Industrie hergestellt. Im Vertiefungsthema „Essigsäure“ werden die Abläufe in einer Bioraffinerie beispielhaft an der Herstellung von Essigsäure aus Holz beschrieben.
Wenn du mehr über die Biomasse Holz oder Grüne und nachhaltige Chemie wissen möchtest, klicke hier:
Alexandra Tepla, MEd BSc
Mag.a Martina Zodl